Samstag, 31. März 2012
Salvador da Bahia
Ich befinde mich im Künstler/Bohemien Viertel "Rio Vermelho" (roter Fluss). Hier gibt es nicht nur viele Bars und Künstlerateliers, sondern auch das Meer vor der Tür.



Direkt an der Hauptstraße befindet sich das Haus von Yemanjá, der Orixá des Meeres.


Sie ist die Mutter aller Orixás (synchretistische Götter). Am 2.2. findet hier die Feier zu ihrer Ehren statt, Die Leute ziehen sich weiß an (die Farbe der Göttin), und geben ihr Geschenke ins Meer. Wenn diese zurück geschwemmt werden, hat sie diese nicht akzeptiert, heißt es.
Eigentlich gibt es jeden Tag irgend eine Feier, sei sie religiös oder nicht. Anscheinend wollen die Salvadorianer einfach feiern…So findet z.B. jeden Dienstag eine Party mit Livebands auf dem Pelourinho statt. Der Pelourinho war zur Skalvenzeit der Sklavenmarkt.



Er ist die Altstadt Salvadors und ist im barocken Kolonialstils der Portugiesen gebaut und seit 1980 Weltkulturerbe der Unesco. Dort ist der Haupttouristen Ort: Restaurants und Cafés sind teuer, einige bleiben dort in der Herberge und denken, das wäre Salvador. Die Samba-raggae Schulen wie Olodum verkaufen dort ihre Merchandisingprodukte, Sambaschulen und Capoeira-Angebote gibt es überall. Ich habe seit kurzem trotzallem meinen Frieden mit diesem Viertel gemacht. Das interessante ist nämlich, dass wenn man hinter die Touristenoberfläche schaut, in Hinterhöfen und barocken Häusern etwas zu entdecken gibt. Da sind z.B. Vereine oder kleine Gruppen, die sich um Obdachlose, Drogenopfer, Frauen mit Gewalterfahrungen kümmern und ihnen neue Möglichkeiten bieten. Hinzu befinden sich viele interessante Museen dort, die man jedoch nur entdeckt, wenn man etwas Zeit mitbringt.
Der Pelourinho befindet sich in der Oberstadt und wurde wegen der guten strategischen Lage 1569 von den Portugiesen gegründet. Mit dem Aufzug aus dem 19. Jahrhundert kann man in die Unterstadt gelangen, die im krassen Kontrast zu dem sehr guten rekonstruierten Pelourinho steht.



Es sind nicht nur die Häuser fast am zusammenfallen, sondern man hat den Eindruck in einem gefährlichen Viertel zu sein. Ich würde nie auf die Idee kommen, dort Geld abheben zu gehen, und nachts noch weniger…


Doch das mit den Banken ist insgesamt sehr relativ! Ich befinde mich in einem besseren und sicheren Viertel und trotzdem wurde mir erzählt, dass letzte Woche jemand nach dem Geldabheben erschossen wurde! Gestern wurde vor dieser Bank demonstriert und auf die schlechten Sicherheitsbedingungen aufmerksam gemacht (wie z.B. Videobewachung). Anja, dann kann man evtl nachvollziehen, dass bei einem Geldtransport die Sicherheitsleute (Polizei??) mit gezückter und entsicherter Maschinenpistole aus dem Wagen steigen und an einem vorbei hasten. Ich wusste gar nicht wohin ich schauen sollte…



Verkehr
Die Stadt hat fast 3 Millionen Einwohner und da anscheinenden jeder zwei Autos hat oder alle zur selben Zeit auf den Straßen sind, gibt es erhebliche Staus und zähfließenden Verkehr. Das war auch eines der ersten Worte, die ich mir gemerkt habe: Engarrafamento. Ob man mit dem öffentlichen Bus unterwegs ist oder mit dem Auto spielt keine Rolle, man braucht einfach ewig von A nach B. Aus diesem Grund haben sehr viele Brasilianer auch ein Motorrad, um sich durch den Verkehr zu schlingern. Ich muss zugeben, dass das eine super Lösung ist, wobei ich immer versuche lieber nicht nachzudenken, während der Fahrer halsbrecherische Aktionen startet…dabei bin ich mir fast sicher, macht er eigentlich nur die Hälfte von dem, was er normalerweise tut!



Was das Busfahren betrifft, so muss man entweder Adleraugen haben, um die Schrift mit dem Ziel von weitem lesen zu können, oder aber man merkt sich die Zahlen vom Bus. Da ich leider sowohl ein Zahlenlegasteniker bin (ich vergesse sie prinzipell) als auch kurzsichtig, merke ich oft erst, dass mein Bus an mir vorbeigefahren ist, wenn ich die hinteren Schilder lesen kann, die schön dick gedruckt sind. Habe ich dann doch den Bus mit dem richtigen Ziel gefunden, heißt es noch lange nicht, dass dieser auch den schnellsten Weg wählt. Ich bin von Rio Vermelho zum Pelourinho bisher in 4 unterschiedlichen Strecken gefahren. Dabei sind 2 davon die eigentlich "schnellen" (halbe Stunde), die anderen fahren einmal quer durch die Stadt, wie's scheint und brauchen locker das doppelte. Wenn ich Zeit habe und mir die Stadt anschauen möchte, ist das ja kein Problem, doch letztens hatte ich es eilig und musste mich darüber ärgern.